Vor einigen Wochen erreichte mich die freudige Kunde von einem popup-Store in Speyer – initiiert von Sebastian Däuwel und seinen Freunden. Puristische Brote & Baguette steht auf dem Banner und ich will da hin. Natürlich. Meine Mitbewohner rollen mit den Augen, sind aber grundsätzlich einiges gewohnt und so ergeben sie sich ihrem Schicksal kampflos. Leider kam uns eine fiese Grippe dazwischen und es wurde nichts mit dem Speyer-Ausflug und der Laden hat mittlerweile Mode statt gutes Brot im Sortiment.
Zu meinem großen Glück gibt es aber das Internet und Sebastian ist ein sehr netter junger Mann – so dass wir kurz nach der Aktion Kontakt miteinander aufgenommen haben und ich jetzt endlich auch in den Genuss von Sebastians Kreationen kommen konnte. Aber dazu später mehr.
Wie groß die Nachfrage nach gutem, puristischen Brot ist, das hat Sebastian sehr überrascht. Die erste Nacht durchgebacken und 130 Brote plus 70 Baguette haben nur kurze Zeit ausgereicht, Sebastian und sein Team hätten locker das Doppelte verkaufen können. Ich sehe die große Nachfrage mit großer Genugtuung, denn es gibt sie doch, Menschen, die Wert auf ihre Ernährung legen, wissen wollen, was sie da zu sich nehmen. Handwerk und Qualität haben natürlich ihren Preis, aber das schmeckt man auch!
Natürlich habe ich Sebastian noch ein wenig ausgefragt, für Euch und für mich – denn als ich ihn neulich in seiner provisorischen Backstube besuchen durfte, wo er mich übrigens nachhaltig mit seinem leckeren Brot angefixt hat, hatten wir wenig Zeit zu sprechen, dafür gab es mehr zu erleben. Aber jetzt erst meine Fragen und Sebastians Antworten:
Wer bist du, woher kommst du, was machst du und warum Brot?
Kurz gesagt: Pfälzer Bu’, aufgewachsen in Schwegenheim, zur Schule gegangen in Speyer, studiert in Mannheim, spiele Tennis in Speyer, wohnhaft in Ludwigshafen und seit über 10 Jahren bei einem größeren Energieversorger in Ludwigshafen tätig, derzeit im “Assetmanagement”. Freunde bezeichnen mich durchaus schon mal als Foodie mit Hang zum Perfektionismus, ich selbst würde mir aber auch eine gute Portion Pragmatismus zuschreiben. Brot hat in unserer Familie schon immer eine große Rolle gespielt, so hat mein Opa zu wirklich jeder Mahlzeit immer eine Scheibe Brot haben wollen, am liebsten jedoch das sog. “Knärzel”. Von Oma gab es Butterbrot mit einer Prise Salz, geschnitten in mundgerechte “Reiterle”. Für die Schule gab es belegte Brote, von Mama geschmiert. Zum Frühstück Butterbrot mit Honig. Ich erinnere mich gerne an die Zeit zurück. Vor gut 3 Jahren entstand eine Diskussion im Freundeskreis über Brot im Allgemeinen und die immer schlechter werdende Qualität bzw. den nicht mehr vorhandenen typischen Brotgeschmack. Einen Brotgeschmack, den man noch irgendwo abgespeichert hat und sich versucht vorzustellen, wie er denn sein muss. Ein gutes, schmackhaftes und saftiges Brot mit dicker, krachender Kruste… wenn man mal wieder in ein läppisches pappiges Roggenmischbrot beißt, welches dem “Schiefen Sack” heutzutage beigelegt wird. Am selbigen Abend noch war mein Ehrgeiz geweckt und ich durchstöberte das Internet kreuz und quer zum Thema Brot. Und wie das bei “Foodies” nun mal so ist, wenn man ein Lebensmittel nicht mehr in der gewünschten Qualität und dem typischen Geschmack kaufen kann, dann kommt man sehr schnell an den Punkt, dass man es eben selbst mal versucht herzustellen. Gedacht, getan, so dass ich bereits einige Tage später meinen eigenen Sauerteig nach einer simplen Anleitung aus dem Internet angesetzt habe. Etwa 1 Woche später habe ich mein erstes Sauerteigbrot aus dem Ofen gezogen und war völlig aus dem Häuschen. Das war wohl auch der Moment, als der “Brotvirus” mich erfasst hat, und seitdem Körper und Geist nicht mehr los lässt.
Leider ist mittlerweile auch das Brot zur Massenware verkommen, kleine Familienbäckereien verschwinden von der Bildfläche, dafür erklärt uns Lidl neuerdings, woran man gutes Brot erkennt. Du hast deine Leidenschaft professionalisiert, die weitergebildet und sicher viel gesehen. Was hat dich am meisten beeindruck und geprägt, wo sagst du das war erschreckend und ernüchternd?
Ich erinnere mich noch genau daran, dass mein erstes Sauerteigbrot mich am meisten beeindruckt und geprägt hat. Dieser Anblick, als nach einigen Tagen die simple Mischung aus Roggenmehl und Wasser angefangen hat zu leben und sichtlich zu blubbern. Dieser säuerliche, aber angenehme Geruch des Sauerteigs. Dieser leichte Dampf, der durch die ganze Wohnung zog, als der Brotlaib in den Ofen geschoben wurde. Dieser Anblick, dass das Brot im Ofen aufgeht und rustikal aufreißt. Und dieser vollmundige Geschmack, der sich bereits beim ersten Bissen über den ganzen Gaumen gelegt hat. Mit großen Augen und einer riesen Freude stand ich in der Küche und konnte es kaum glauben. Nie im Leben hätte ich gedacht, dass dieser stümperhafte, selbst zusammengerührte Brotteig so verdammt gut schmecken würde.
Darüber hinaus hat mich mein erster richtiger Brotbackkurs, an dem zahlreiche Hobby-Bäcker teilgenommen haben, sehr geprägt. Da habe ich das erste mal so richtig verstanden, dass die Sehnsucht nach gutem Brot “da draußen” wirklich enorm zu sein scheint.
Im negativen Sinne hat mich eine Erfahrung in einer Handwerksbäckerei geprägt, bei der ich eigentliche eine Woche Praktikum machen wollte. Von außen erweckt die Bäckerei den Anschein, dass hier noch wie vor 100 Jahren gebacken wird und alle Brote natürlich hergestellt werden. Nach dem ersten Praktikumstag war ich dann leider völlig desillusioniert und habe enttäuscht aufgegeben. Beim Besuch der Südback (große deutsche Bäckermesse) habe ich leider eine ähnliche emotionale Achterbahnfahrt durchlitten. Voller Vorfreude hingefahren, aber bereits nach kurzer Zeit gemerkt, dass Erwartungshaltung und Realität ganz und gar nicht zusammen gepasst haben…
Mich hast du ja jetzt mit deinen Broten restlos überzeugt und das erste Stück Brot vom “normalen” Bäcker tat schon weh, aber wie war denn sonst die Resonanz deiner Kunden?
Die Resonanz war durchgängig positiv, das war mir teilweise sogar etwas unangenehm. Auch der enorme Ansturm auf die Brote war anfangs etwas befremdlich, da ich damit beim besten Willen nicht gerechnet habe. Auffällig war, dass sich sehr viele Kunden erkundigt haben (teilweise sogar einige Tage nach dem Brotverkauf via email oder Telefon), wie es nach der Woche weitergeht und wo bzw. ob man die Brote auch danach weiterhin kaufen kann. Die positiven Kommentare auf meiner Facebook Seite (Puristische Brote und Baguette) haben mich natürlich auch gefreut.
Die Rheinpfalz wolle es schon wissen “Da kommt einer, macht den Speyrern die Nase lang und haut dann wieder ab… ” – jetzt, nach deiner Erfahrung, solche Mengen, mal nicht hobbymässig, regelmäßg backen zu “müssen”, weisst du schon in welche Richtung es für dich gehen wird?
Nein, das ist derzeit noch völlig offen. Natürlich wäre naheliegend das Projekt weiter voranzutreiben und die Brote regelmäßig anzubieten. Allerdings habe ich in dieser Woche auch gemerkt, dass ich mit meinen Fingerfertigkeiten sehr schnell an Grenzen stoße, wenn es darum geht eine Vielzahl an Brotteigen zu bearbeiten. Ein gelernter Bäcker hat einfach die Handgriffe besser drauf und kann daher natürlich deutlich schneller und effizienter arbeiten als ich. Darüber hinaus fehlt es mir an entsprechender Ausstattung, um mir die Arbeit ein wenig zu erleichtern. Die Brotproduktion für den popup-Store war ja ein nahezu 100%-iger Manufakturbetrieb. So habe ich bspw. die verschiedenen Sauerteige in großen lebensmittelechten Eimern von Hand angesetzt, d.h. mit einem großen Löffel angerührt. Das geht so auf Dauer natürlich nicht mehr.
Aber sagen wir mal so, das Projekt lebt weiterhin, ähnlich wie der Sauerteig, der geduldig auf die nächste Verwendung wartet 😉 Ich habe Überlegungen in verschiedene Richtungen angestellt. Diese gilt es nun zu konkretisieren und dann wird es wahrscheinlich schon bald wieder einen Brotverkauf geben. Wie, wo, wann und in welcher Form werde ich dann noch kommunizieren.
Vielen Dank für Deine Zeit, lieber Sebastian!
(Psst… wer jetzt noch mehr über Sebastian erfahren möchte, der klicke sich bitte hier entlang, zu diesem herrlichen TV-Beitrag vom rnv)
Es hatte schon etwas verschwörerisches, als mich die eMail von Sebastian erreicht, eine Wegbeschreibung, welche Brote es geben wird und zwei Listen, um sich die begehrten Köstlichkeiten zu sichern. Fix hatte ich mich einfach mal für alle Sorten eingetragen und freute mich nun wie ein kleines Kind auf das nahende Wochenende.
Sonntags war es dann endlich soweit und schon als ich mit meiner Kamera bewaffnet das Gelände des Tennisheimes betrat, wehte mir der Duft von frisch gebackenem Brot entgegen. In der provisorischen Backstube geschäftiges Treiben bei gefühlten 40°C und ein strahlender Sebastian, schließlich trafen wir uns das erste Mal “in real live”. Roggensauerteigbrot, Sonnenblumenschrot und Nussbrote sind bereits gebacken und knistern leise vor sich hin, im Ofen vollenden eben noch die letzten Exemplare. Inzwischen stehe ich gebannt vor Sebastian und seinem Helfer des Tages, die mit den Baguetterohlingen beschäftigt sind. Fast wie rohe Eier formen die Beiden den Teig um ja keine der entstanden Luftblasen zu zerdrücken, als Sebastian aber den “Schluss” zusammendrückt kann ich doch ein leises ploppen vernehmen, “genau so muss das sein” meint Sebastian und grinst zufrieden.
Als dann die ersten Baguette in den Ofen geschossen werden (spektakulär!) stehe ich gebannt davor und beobachte das Geschehen, eins ist klar, das hier ist besser als Fernsehen. Schmeckt auch besser. Der Duft breitet sich sofort intensiv im Raum aus und ich bekomme noch mehr Appetit auf das Backwerk. Nicht nur mir geh es so, denn schon kommen die ersten Kunden von Sebastian zaghaft und mit Stoffbeuteln bewaffnet in den Raum und schnuppern mit geschlossenen Augen. Ja, hier sind sie genau richtig, hier schmeckt es besonders gut, hier bäckt jemand aus Passion und Leidenschaft.
Das Baguette gab es noch am gleichen Tag. Als Sandwich. Also ein Männer-Deluxe-Sandwich. Belegt mit Meerrettichcreme, rote Bete Blättchen, gegrillte Roastbeefstreifen vom Wagyu, in Blutorangen marinierte hauchdünne Rote Bete Scheiben und Radieschenmayonnaise.
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Männersandwich
Für die Meerrettichcreme
- 2-3 EL fricher Meerrettich, fein gerieben
- 200g Gramm Schmand
- Salz , Pfeffer
- etwas Zitronensaft
Das Fleisch
- 500g Roastbeef
- Rote Bete Blätter
- 1 Baguette
Die Bete
- 1 Rote Bete
- 1 Blutorange
- Salz, Pfeffer
Für die Radieschenmayonnaise
- 1 Bund Radieschen
- 150g Mayonnaise
- Salz, Pfeffer
- etwas Zitronensaft
Für die Creme Meerrettich und Schmand verrühren und mit Salz, Pfeffer und Zitronensaft abschmecken.
Das Roastbeef unter fließendem Wasser abspülen und trocken tupfen. Anschließend das Fleisch von Fett und Sehnen befreien.
Das Fleisch bei 160C° indirekte Hitze ca. 30 Minuten mit geschlossenem Deckel grillen. Die optimale Kerntemperatur liegt für mich bei 54°C, dann darf das Fleisch vom Grill und noch ein paar Minuten ruhen.
Rote Bete schälen und sehr fein hobeln, ich habe das mit meinem Trüffelhobel erledigt.
Die Scheiben mit dem Abrieb und Saft der Blutorange würzen, mit Salz und Pfeffer abschmechken und beiseite stellen.
Für die Radieschenmayonnaise Radieschen fein würfeln, Radieschenblätter hacken und mit der Mayonnaise vermischen, mit etwas Zitronensaft, Salz und Pfeffer abschmecken.
Baguette aufschneiden, Meerrettichcreme, Rote Bete Blätter, Fleisch, Rote Bete und Mayonnaise schichten und genießen.